Richtig stolz bin ich. Stolz, auf meine alte Schulfreundin Sibylle Hauser-Gaulke. Wir beide hatten damals auf der Kreuzgasse eine echt taffe Lehrerin im Deutsch Leistungskurs. Die politisch und gesellschaftlich aktive Frau Zumpe hat uns sicher ein wenig mitgeprägt, dass wir uns zu wehrhaften Mitbürgern entwickelt haben. Auf unserer Abschlussfahrt nach Polen hatte sie uns ein „Date“ mit Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta besorgt, die gerade die „Blechtrommel“ in Danzig verfilmten. Wieder in Köln angekommen, wurden wir im WDR interviewt zur Frage, ob wir als junge Deutsche Ressentiments gegenüber den Polen in den ehemaligen deutschen Ostgebieten empfunden hätten. Auch damals gab es schon Flüchtlingsschicksale. Nur da waren die Deutschen diejenigen, die vertrieben wurden. Unsere Frau Zumpe war für uns so etwas wie die weibliche Version vom „Club der toten Dichter“.
Wehren will gelernt sein
So wie es wenig interessierte, mittelmäßige und berufene Lehrer gibt, so gibt es auch Menschen die Verletzungen passiv wegstecken oder solche, die sich aktiv zur Wehr und damit auseinander setzen. Letztere leben psychisch gesünder. Denn alle Verletzungen, die die wir manifest körperlich erfahren oder die verbalen Angriffe auf unser Selbst, die wir „runterschlucken“, wirken sich nicht nur auf unser Selbstbewusstsein aus. Solche seelischen Verwundungen können sich auch psychosomatisch weiter entwickeln und sich später als handfeste körperliche Störung manifestieren.
Krebs kann auch als seelische Kränkung erlebt werden
Schon die Krebserkrankung selbst stellt häufig auch eine psychische Verletzung dar. Mein Körper funktioniert nicht mehr nur, er greift mich auch an. Wird dieses dann allerdings nicht anerkannt, abgewehrt oder gar abgewertet, wie in dem aktuell vorgestellten Fall, dann kann das maligne Folgen auf den Genesungsprozess haben. Körperlich und seelisch.
Embodiment: Psyche und Körper sind enger verwoben als die Forschung bisher dachte
Der aktuelle Forschungsstand zeigt, dass Psyche und Körper wesentlich komplexer zusammenwirken, als es die Medizin und Psychologie bisher angenommen hat. Aktuell spricht man vom Embodiment.
Das Embodiment-Konzept stellt die bisherige Diskussion in der Psychoanalyse gemäß dem Leitsatz »Die Seele im Körper entdecken« auf den Kopf: Es geht nicht mehr nur um das Entschlüsseln der Körpersprache, sondern um die Einsicht, dass der Körper an allen seelischen Prozessen, an Gefühlen, Gedanken, Erinnerungen, kausal beteiligt ist. Dies ist eine radikal neue Sichtweise auf das Mind-Body-Problem. Embodiment ist daher inzwischen zu einem innovativen Konzept geworden, das sowohl in der Grundlagenforschung als auch in Anwendungsfeldern – von den Neurowissenschaften bis zur Mikrobiologie und Genetik – Eingang gefunden hat. (Weiterlesen auf: http://www.v-r.de/pdf/titel_inhalt_und_leseprobe/1009971/inhaltundleseprobe_9783525451304.pdf)
Brustkrebs übersehen:
Behandlungsfehler endet fast tödlich
Ärger um Brustkrebs-Behandlung
„Jedes Jahr werden nach Informationen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Tausende Menschen in Deutschland Opfer von Behandlungs- und Diagnosefehlern. Sibylle Hauser-Gaulke ist eine der betroffenen Patientinnen. Obwohl die 56-Jährige regelmäßig bei ihrem Frauenarzt war, soll der ihren Brustkrebs schlicht übersehen haben.
Sie standen sich seit langer Zeit wieder gegenüber – und an diesem Tag vor Gericht: Sibylle Hauser-Gaulke und ihr ehemaliger Gynäkologe. „Ich bin natürlich immer noch wütend. Jetzt gerade im Moment habe ich keine Angst, jetzt gerade bin ich erleichtert, dass ich es soweit geschafft hab und ich bin erleichtert, dass ich noch lebe“, sagt O-Ton Sibylle Hauser-Gaulke. „Es war ja nicht unbedingt gesagt, dass ich den Tag erlebe, an dem er tatsächlich vor Gericht steht.“
Die 56-Jährige war 14 Jahre lang Patientin bei ihrem Gynäkologen Dr. S. und sie ging regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen. 2009 hatte sie bei sich selbst einen Knoten in der Brust ertastet. Sie ließ sich daraufhin von ihrem Arzt untersuchen – sechs Mal. Fünf Mal machte er einen Ultraschall, ohne bedenklichen Befund. Erst als sie selbst zur Mammografie ging, erhielt sie Klarheit: Vier Zentimeter groß war der Tumor in ihrer Brust, außerdem hatte sie bereits Metastasen in der Leber.
Sibylle Hauser-Gaulke durchlitt achtzehn Chemotherapien und suchte sich Hilfe bei einem Anwalt. Als sie ihre Patientenakten in der Praxis abholen wollte, warf Dr. S. sie aus der Praxis. „Dann kam er irgendwann und schrie mich an und hat dann seiner Sprechstundenhilfe den Hörer gegeben und gesagt ‚Rufen Sie mal die Polizei'“, erinnert sich Sibylle Hauser-Gaulke.
Sie beschloss ihren ehemaligen Arzt auf 150.000 Euro Schmerzensgeld zu verklagen. Ihre Chancen, den Prozess zu gewinnen stehen momentan gut. Das endgültige Urteil fällt aber erst am 29. Juni. Die 56-Jährige hat trotzdem viele Gründe zu feiern. Unter anderem, dass sie so lange tapfer und erfolgreich gekämpft hat. Gegen einen unachtsamen Arzt und gegen ihre Krankheit.“ (mehr dazu bei www.frauenzimmer.de)
Wegen falscher Diagnose mussten Sibylle beide Brüste amputiert werden
150 000 Euro für Krebs-Pfusch
- Von PETRA BRAUN (Bild-Zeitung, 12.05.2016)
Köln – Sibylle Hauser-Gaulke (56) konnte es kaum fassen. „Ich habe es geschafft“, freute sie sich mit Familie und Freunden.
Gerade hatte der Richter erkennen lassen: Das Brustkrebsopfer wird die Klage gegen ihren Frauenarzt gewinnen. „Hier sieht es nach einer Haftung aus“, sagte er.
Mindestens 150 000 Euro fordert die Frau, außerdem soll der Mediziner für alle Schäden aufkommen. Weil er einen Tumor in der Brust nicht rechtzeitig erkannte.
Doch wichtiger ist Sibylle: „Er muss zur Rechenschaft gezogen werden. Ich hoffe auch, dass ich andere Frauen warnen kann.“ Sie habe viele kennengelernt, bei denen geschlampt wurde.
Für die Frau war der Alptraum 2009 wahr geworden – Brustkrebs im fortgeschrittenen Stadium. In der Leber waren schon Metastasen. Dabei war sie regelmäßig zur Vorsorge, machte mehrere Ultraschalluntersuchungen, klagte beim Gynäkologen über Schmerzen.
Operationen folgten, die Brüste wurden entfernt und wieder aufgebaut, 18 Chemotherapien. Sie muss heute noch Medikamente nehmen. Dazu immer die Angst, dass der Krebs wiederkommt. Sibylle Hauser-Gaulke positiv: „Ich bin froh, dass ich noch lebe.“
Der Arzt im Landgericht. Seine Haftpflichtversicherung hat schon 45 000 Euro gezahlt
Foto: Chuck
Ihr Anwalt Martin Reinboth: „Fünf Gutachter haben festgestellt, dass die Behandlung fehlerhaft erfolgte.“ So auch der Professor (63), der gestern als Sachverständiger befragt wurde.
Der Gynäkologe hatte beteuert, er habe eine Mammographie empfohlen. Aber die Patientin hätte Strahlenangst. „Unsinn“, so Sibylle Hauser-Gaulke. Der Gutachter: „Das hätte dokumentiert werden müssen.“ In den Unterlagen stehe nichts.
Urteil am 29. Juni.
(Quelle: http://www.bild.de/regional/koeln/behandlungsfehler/150000-euro-fuer-krebs-pfusch-45781338.bild.html)
Aktuelle Meldung 29. Juni 2016

Anstossen auf den Sieg vor Gericht